Anna Warburg

Auf dieser Seite finden Sie Informationen zu unserer Namensgeberin.

Weiter unten dokumentieren wir ebenfalls Aktivitäten unserer Schule, die den Stellenwert des Gedenkens an Anna Warburg in unserem Schullalltag veranschaulichen.
Des weiteren finden Sie Informationen zu Margarethe Münch, der Gründerin der ersten Kinderpflegeschule Hamburgs.

Der Vater starb in jungen Jahren und die Mutter musste sich alleine um die vier Töchter und das Textil-Geschäft kümmern. Sie schaffte es bei all dem ihren Töchtern eine Menge beizubringen und ihnen eine gute Erziehung mitzugeben.Anna Beata Warburg ist in Stockholm am 27.12.1881 als dritte von vier Töchtern geboren. Ihre Mutter, Ellen Josephson, stammte aus einer jüdischen Familie in Schweden. Ihr Vater, Siegfried Warburg, hatte früh seine Eltern verloren und kam als Textil-Kaufmann nach Schweden, wo er seine spätere Frau kennenlernte.

Anna las im Alter von 14 Jahren ein englisches Buch mit dem Titel "Patsy" (von Kate Douglas), in dem die Geschichte eines behinderten Jungen und die liebevolle Hilfe durch einen Kindergarten erzählt wird. Diese Geschichte hat sie sehr berührt und sie soll gesagt haben:

"Oh, why should one want to be an angel, when one can be a Kindergärtner".

Schon als junges Mädchen muss Anna beschlossen haben, mit kleinen Kindern zu arbeiten.

So absolvierte sie in Stockholm zunächst entsprechende Kurse. Aber in Schweden gab es zu dieser Zeit noch keine Kindergärtnerinnenausbildung.

1896 bekam sie das Angebot von ihrem Onkel Aby S. Warburg in Hamburg, in seiner Familie als Kindermädchen zu arbeiten. Gleichzeitig konnte sie in Hamburg das Fröbelseminar besuchen. Als Schülerin des Fröbel-Seminars machte sie einen Tag in der Woche ihr Praktikum in der “Warteschule” Mühlenberg. Die Zustände in den damaligen “Warteschulen” standen in krassem Gegensatz zu den Ideen von Fröbel.
Damit man sich die Zustände einmal vorstellen kann, zitiere ich aus einem Brief, in dem die junge Anna über die Warteschule Mühlenberg schreibt:

“Das Haus hatte unten zwei große Räume mit großen Schiebetüren, damit eine Person auf alle ca. 100 Kinder (Kleinkinder!) aufpassen konnte. Es waren nicht irgendwie ausgebildete Aufsichtspersonen, sondern z.B. eine alte Köchin…Was taten die Kinder? Sie saßen! – Sie saßen in langen Reihen, mittags bekamen sie eine Suppe. Sie saßen stumpfsinnig auf lehnenlosen, langen Bänken. Sie schliefen mittags an den Tischen mit den Köpfen auf den Armen. Wagte ein Kind den Kopf zu heben, kam ein kleines Schulmädchen (das als Belohnung ein Mittagessen bekam) mit einem Stock und schlug das Kind auf den Kopf. Ab und zu wurde ein `Kreisspiel` am Tagesschluss `durchgeführt`: Die Vorsteherin faßte das erste Kind auf der ersten Bank an der Hand, das mußte das nächste Kind anfassen und mitziehen. Das letzte Kind der ersten Reihe musste das erste Kind der zweiten Bankreihe anfassen usw. So wurden alle Kinder in einer großen Schlange spiralenförmig aufgestellt. Es waren so viele, daß die äußeren gewiß weder hören noch sehen konnten, was in der Mitte gespielt wurde…Daß alle Kinder gleichzeitig auf die Toilette geführt wurden, wo es entsetzlich roch, galt als Selbstverständlichkeit,- dazwischen durften die Kinder das nicht…Es waren schreckliche Eindrücke, die ich da bekam. Es waren wohl die ärmsten und verkommensten Kinder Hamburgs, die dorthin gebracht wurden.”

Gleichzeitig muss man aber sagen, dass in Hamburg zu jener Zeit die Kindergartenidee Fröbels in voller Blüte stand und es eine überaus anregende pädagogische Szene in Hamburg in dieser Zeit gab. Der Hamburger Fröbel-Verein war bereits 1860 gegründet worden. 1890 erhielt der Verein von der Stadt – im Tausch gegen sein Haus in der Grindelallee 175 – einen Neubau in der Bundesstraße 41.

1898 fand in Hamburg eine große Fachtagung  des Deutschen Fröbel-Verbandes statt.
Die Jahrhundertwende war insgesamt auch die Zeit der Reformbewegung in der Jugendfürsorge. Es wurde die Herauslösung der Armenpflege für Kinder aus den Armenhäusern gefordert. Und es entstand die Idee einer selbständigen örtlichen Behörde, in der die gesamte Jugendfürsorge in allen ihren Zweigen unter den Gesichtspunkten der Erziehung zusammenzufassen sei.
Anna erlebte 1897 die Einweihung des prächtigen neuen Hamburger Rathauses.
Nach ihrer Ausbildung hospitierte Anna Warburg auch noch im Pestalozzi-Fröbel-Haus in Berlin. Dies bezeichnete sie als “ein großes Erlebnis”. In Berlin schloss sie Freundschaften, die bis zu ihrem Tod hielten.
Als Anna im Jahre 1908 nach Schweden zurückkehren wollte, machte ein entfernter Verwandter, Dr. Fritz Warburg, ihr einen Heiratsantrag. Im selben Jahr noch fand in Stockholm die Hochzeit statt. Fritz und Anna Warburg erlebten eine 53 Jahre währende glückliche Ehe, aus der drei Töchter stammten:

  • Ingrid (nach der Heirat: Ingrid Spinelli) ist am 1.10.1910 geboren. Sie hat fünf Kinder und inzwischen sieben Enkelkinder. Alle leben in Rom. Ingrid Spinelli ist am 25.10.2000 gestorben. Von der ältesten Tochter Ingrid waren Elena Spinelli, Gioconda Spinelli und Francesco Spinelli auf der Einweihungsfeier unserer Schule am 13. November 2009 zu Gast.
  • Eva (nach der Heirat: Eva Unger-Warburg) ist am 31.1.1912 geboren. Eva Unger Warburg lebte in Rechovot in Israel und verstab am 24.11.2016 im Alter von 104 Jahren. Sie hat zwei Kinder, acht Enkelkinder und sechs Urenkel. Aus Israel sind am 13. November 2009 die Enkelkinder: Omer Unger, Noam Unger, Nitzan Unger, Shir Pur und Hila Laviv zu unserem Fest gekommen.
  • Charlotte Esther, die Noni gerufen wurde, (nach der Heirat: Esther Schalmon) ist am 15.3.1922 geboren. Sie lebte auch in Israel, in Bear Sheva-Omer. Noni ist am 17.4.2021 im Alter von 99 Jahren gestorben. Sie hat vier Kinder, acht Enkelkinder und elf Urenkel. Tamar Nussey, eine der Töchter von Esther Schalmon, war auch bei unserer Einweihung. Sie lebt in England.

Anna und Fritz Warburg wohnten im Winter in Hamburg am Großen Fontenay 5 mit Blick auf die Alster. Im Sommer wohnten sie in einer Villa auf dem Kösterberg in Blankenese. Nun war Anna eine wohlhabende Hamburger Bürgerin. Sie stand einer großen Schar von Dienstboten vor und hatte Köchinnen anzuleiten. Ihr Haus war sehr gastfreundlich. So waren z.B. die Verwandten aus Schweden oder aus England oder Freunde zu Besuch und Anna hatte ein großes Haus zu führen.

Anna hatte ihren eigenen Stil. Die Wände ihres Hauses an der Alster waren einfarbig blau gestrichen und mit hellen Birkenholzmöbeln ausgestattet. Das war etwas Besonderes zur damaligen Zeit, wo wohlhabende Bürger schwere Klubgarnituren und eher schwere dunkle Möbel mit vielen Verzierungen hatten.
Neben der Führung eines großbürgerlichen Haushalts engagierte sich Anna Warburg weiter in der Kindergartenbewegung. Sie hatte die Auffassung, dass der Mensch ein aktives Leben führen müsse.

1909 wurde Anna-Warburg für die anstehende Reform der Warteschulen an das Fröbelhaus berufen, 1910 in dessen Vorstand gewählt und bald Vorsitzende. Nun richtete sich ihr Interesse auch auf Ausbildungsfragen der Kindergärtnerinnen. Sie sammelte Anschauungsmaterial in anderen Städten, knüpfte auf auswärtigen Tagungen Beziehungen und gründete Volkskindergärten als Übungsstätten des Seminars. 1911 wurde neben den bereits bestehenden Kindergärten im Fröbelhaus und im Stadtteil Hamm (später verlegt in die Ritterstraße) ein Volkskindergarten in der Wrangelstraße eingerichtet.

Der Weltkrieg 1914-1918 führte notwendig zu einem Ausbau der Kinderfürsorge wegen der  weitgehenden Berufstätigkeit der Frauen. Anlässlich einer Tagung der Deutschen Zentrale für Jugendfürsorge studierte Anna Warburg in Frankfurt/M. 1915 die Einrichtung der Volkskindergärten. Auch in Hamburg entstand an der Hamburger Kriegshilfe eine Beratungsstelle zur Umgestaltung der bald 100jährigen “Warteschulen”.

Anna Warburg spendete und organisierte das erste “Kindertagesheim als Musterstätte”.
Aus dem “Ausschuss für Kinderanstalten” an der Hamburger Kriegshilfe entwickelte sich nach Kriegsende eine ständig wirkende Zentralstelle aller Kindertagesheimverbände, der 1924 die Jugendbehörde durch das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz das Aufsichtsrecht über alle Kostkinder (Tagesheimkinder) übertrug.

Anna Warburg wurde Vorstandsmitglied und Beraterin.

1933 änderte sich der Name in “Vereinigung städtischer Kinder- und Jugendheime der Hansestadt Hamburg”, alle Privatverbände lösten sich darin auf. Unter Hitlers Regierung musste Anna Warburg sowohl aus dem Fröbel-Seminar als auch aus der “Vereinigung” ausscheiden.

1933 gerieten mit der nationalsozialistischen Machtergreifung auch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendfürsorge unter das Prinzip der “Gleichschaltung” im Sinne der Ideologie des NS-Staates. Zentrale Institution wurde die “Nationalsozialistische Volkswohlfahrt” (NSV).
Dr. Fritz Warburg, Annas Ehemann, stand nach 1933 an der Spitze der jüdischen Gemeinde von Hamburg. U.a. kümmerte er sich um die fortdauernde Finanzkrise des Israelitischen Krankenhauses.

Anna Warburg wandte sich der jüdischen Fürsorge zu. In ihrem Blankeneser Besitztum, in ihrem Sommerhaus auf dem Kösterberg (heutiges Elsa-Brandström-Haus), nahm sie, solange es ging, nacheinander etwa 1000 jüdische Kinder auf, ließ Wohnbaracken auf ihrem Grundstück bauen und gab vorübergehend Familien dort Unterkunft, Rat und Hilfe. Außerdem richtete sie dort ein jüdisches Kindergärtnerinnenseminar mit staatlicher Abschlussprüfung ein. Mehrere der dort ausgebildeten Kindergärtnerinnen arbeiteten später noch in Israel.
Ihre Tochter Eva verlor unter antisemitischen Schmähungen ihre Anstellung in einem Kindergarten. Sie richtete ebenfalls eine eigene Kindertagesstätte ein. Außerdem begann sie auf dem Kösterberg eine koschere Küche zu führen. Ingrid und Eva waren 1933 bereits junge Frauen, die dritte Tochter, Charlotte Esther, war erst 11 Jahre alt. Sie litt schwer unter den abfälligen Bemerkungen ihrer Lehrer und Mitschüler, weil sie aus einer reichen jüdischen Familie stammte.

1938 wurde die Lage für die Familie Warburg in Deutschland immer bedrohlicher. Fritz Warburg kam vorübergehend in KZ-Haft.
Die Gestapo erklärte sich bereit, ihn aus der Haft zu entlassen, wenn er eine große Anzahl armer Juden freikaufen würde, die nach Schweden ausreisen wollten. Nach dem Freikauf von 100 jüdischen Kindern und mittellosen Erwachsenen wurde Fritz Warburg freigelassen.

Am 10. Mai 1939 brachen Anna Warburg und ihr Mann nach Schweden auf.
In Schweden nahm Anna Warburg wieder ihre Tätigkeit als Kindergärtnerin auf. Über diese Zeit wird nachher Prof Johannson berichten. Ihre Tochter Eva kam mit den ihr anvertrauten jüdischen Kindern auch zunächst nach Schweden. Später wanderte sie dann nach Palästina aus. Fritz und Anna haben in Schweden vielen eingewanderten Juden geholfen. Die Tochter Ingrid war inzwischen in Rom verheiratet und hatte fünf Kinder. Fritz und Anna Warburg trafen sich nach dem Krieg häufiger in Deutschland mit der Familie ihrer Tochter Ingrid, die aus Italien angereist kam. Alljährlich besuchten sie auch die beiden inzwischen nach Israel ausgewanderten Töchter Eva und Charlotte Esther. Eva kümmerte sich um ca. 50 Kinder in einem Kibbuz. Esther arbeitete mit schwerhörigen, gehörlosen und blinden Kindern.

Nach allem, was Fritz und Anna Warburg in Deutschland erlitten hatten, ist es hervorzuheben, dass sie ihr Anwesen auf dem Kösterberg, das jetzige Elsa-Brandström-Haus, der Sozialarbeit in Hamburg als Erbe hinterließen.

1957 übersiedelten Anna und Fritz Warburg nach Israel. Dort nahm Anna Warburg regen Anteil an der sozialpädagogischen Arbeit ihrer Töchter und an dem Leben in ihren Familien. Ihr eigenes Häuschen ist nach ihrem Tod in den Besitz des Kibbuz als Altersheim übergegangen.
Gestorben ist sie am 8.6.1967 im Kibbuz Nezer Sereni in Israel.

Ein Artikel im Hamburger Abendblatt  , der über ein Erinnerunsprojekt einer unserer Schülerinnnen mit Noni Warburg (in Israel) berichtet.

Ein Text, in dem die Bedeutung der Namensgebung für die Anna-Warburg-Schule dargestellt wird.

Ein Bericht über eine Aktionskollegium anlässlich des 100. Geburtstags von Eva Unger-Warburg.

Zum Gedenken an Margarethe Münch.